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„Es geht um Selbstbestimmung und Eigenverantwortung“

Rund 500.000 – 600.000 Menschen mit Wendischen Wurzeln leben in der Lausitz, unter ihnen rund 22.500 Muttersprachler. Um ihre Interessen stärker artikulieren zu können, haben sie nun erstmals eine sorbische Volksvertretung, den „Serbski Sejm“ gewählt. Über den Anlass der Wahl, die Kompetenzen des Parlaments und den Umgang innerhalb der sorbischen Familie gibt Hannes Wilhelm-Kell Auskunft. Er ist Sprecher der Sejminitiative für die Niederlausitz und gewählter Abgeordneter in der Niederlausitz

Was war der Anlass, im Jahr 2018 erstmals eine parlamentarische Vertretung der Sorben und Wenden zu wählen? Sind die bestehenden Strukturen nicht ausreichend?

Der Sejm ist die gewählte Interessen- und Volksvertretung der Wenden und Sorben. Es geht um das Thema Selbstbestimmung/Eigenverantwortung. Die Wenden und Sorben haben bisher kein Gremium zur inneren und äußeren Selbstbestimmung. Jedes Volk, auch kleine Völker, haben dafür ein Parlament. Wir wollen in kulturellen und in Bildungsangelegenheiten zukünftig selbst für uns entscheiden. Bisher liegt die Entscheidungshoheit in diesen Bereichen ausschließlich bei deutschen Behörden, Parlamenten und anderen Gremien. Die Sprache und Kultur sind gefährdeter als je zuvor, die Förderung ist eher mäßig und reicht in vielen Bereichen nicht aus, um Sprache und Kultur zu erhalten. Diese Fremdbestimmung machte uns zu Bittstellern, jetzt und künftig können wir auf Augenhöhe mit diesen Institutionen sprechen.

Wer wird dem Serbski Sejm angehören?

Je zwölf wendisch/niedersorbische und obersorbische Abgeordnete. Die Abgeordneten bilden einen guten Querschnitt der Repräsentanz: 18 bis 80 Jahre alt, Selbständige, Angestellte und Beamte, Katholische und Evangelische, ein gutes Verhältnis Frauen und Männern, Kommunalpolitiker und politische Neulinge. Wichtig ist, dass wir alle Bevölkerungsgruppen einbezogen haben – jene, die aus muttersprachlichen Familien stammen und solche, deren Muttersprache seit zwei bis fünf Generationen deutsch ist und die sich dennoch zu ihren Wurzeln bekennen, sich dafür einsetzen, die Kultur und Sprache wiederzubeleben oder lebendig zu halten.

Die Domowina ist der in beiden Bundesländern anerkannte Dachverband. Wie kann das künftige Verhältnis mit dem Sejm aussehen? Schwächt dies nicht die Verhandlungsposition der Sorben und Wenden?

Die Initiative für den Serbski Sejm hat sich von Anbeginn vor sieben Jahren stets für eine gemeinsame Arbeit mit der Domowina ausgesprochen. Viele Mitglieder der Initiative und der gewählten Vertreter sind selbst Mitglied in der Domowina. Unbestritten hat diese, bei allen kritikwürdigen Punkten, eine wertvolle Lobbyarbeit als Ansprechpartner bei den Landes- und der Bundesregierung geleistet. Was fehlt, ist die zuvor genannte Möglichkeit der Selbstbestimmung. Diese wird es jedoch auch für den Sejm erst nach einem neuen Staatsvertrag und einer Anerkennung des Volkes der Wenden und Sorben als Körperschaft der öffentlichen Rechts (vergleichbar mit der Jüdischen Glaubensgemeinschaft in Deutschland) geben. Ziel des Sejm wird es sein, mit seinem Wirken auch der Kultur den Weg zu ebnen. Wir streben auf jeden Fall die im Übrigen auch von den Mitgliedern der Domowina immer wieder geforderte Partnerschaft und Zusammenarbeit an. Auch zur konstituierenden Sitzung sind die Domowinafunktionäre herzlich eingeladen. Vielleicht kann das der Beginn dafür werden.

Welche Initiativen wird die Vertretung starten? Welches sind die Schwerpunktthemen der kommenden Monate?

Nach der Konstituierung und der Herstellung der Arbeitsfähigkeit werden die Themen festgelegt, Ausschüsse gebildet und dann beginnt die eigentliche Arbeit.

Die konstituierende Sitzung des Serbski Sejm findet am 17.11. um 14 Uhr in Schleife statt. Weitere Informationen unter www.serbski-sejm.de


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